Professionelle Gastrokritiker werden immer wie mehr durch den Otto- Normalverbraucher abgelöst. Das hat verschiedene Auswirkungen wie z.B.: dass immer wie mehr Gäste zum einten den TripAdvisor als Druckmittel missbrauchen, so à la: für diese (wohlverstanden, bezogene und konsumierte) Leistung bin ich nicht bereit diesen Preis zu bezahlen! Ansonsten schreibe ich einen negativen Tripadvisor eintrag... oder eine weitere von mir beobachtete Veränderung: alles wird anonymer, vielfach wollen Gäste gar nicht mehr mit den Gastromitarbeitern sprechen, wenn Sie nicht zufrieden sind, sondern lassen dann ihren Frust nach dem Besuch, draussen vor dem Restaurant auf den sozialen Medien ihren freien Lauf. Wie fair oder anders geschrieben wie gemein ist das denn?
Damit ein seriöser und wohlwollender Gastrokritiker unter den Massen von Amateur-Bewertungen überhaupt noch auffällt, ist die Versuchung gross zum noch mehr polarisieren um an Quoten zu kommen.
Was mich manchmal nachdenklich gemacht hatte an Bewertungen und beim Umsetzen von Trends:
Je nach Marketingpower oder Meinungsmacher wird aus etwas gutem plötzlich über Nacht ein Hype oder sogar ein Trend. Das durfte ich am eigenen Leib erfahren.
Dabei werden manchmal die stillen Arbeiter und Pioniere übergangen oder es werden Kopien mit viel Geld, ja Geld ohne Ende, koste es was es wolle und quersubventioniert durch bspw. Hotelzimmer,
Mäzen oder Sponsoren konsequent umgesetzt.
Dabei möchte ich aber niemanden zu nahetreten. Es hat einfach nicht jeder die gleichen Möglichkeiten und für den Gast ist es egal ob quersubventioniert oder nicht. Der Gast will einfach möglichst
viel für wenig Geld. Was schlussendlich der Gast als angemessenen Betrag für die dargebotene oder bezogene Leistung als adäquat empfindet ist in Tat und Wahrheit meistens viel zu tief, würden
alle Kosten richtig berechnet.
Meiner Ansicht nach wird manchmal die Beständigkeit, Wirtschaftlichkeit und die grosse Pionierarbeit von den stillen Machern und Arbeitern zu wenig honoriert.
Oskar Marti besser bekannt als Kräuter Oski hat mir einmal gesagt das es in der Natur der Sache ist das «der Prophet im eigenen Land nichts zählt»
Aber genau diese Köche, Unternehmer und stillen Arbeiter sind die Basis der Talentschmieden und diese sind das Rückgrat der Gastronomie.
Diese hier alle mit Namen zu nennen, ist schwierig um niemanden zu vergessen aber darunter hat es auch viele meiner ehemaligen Jeune Restaurateur Kollegen und viele weitere ausgezeichnete Berufsleute.
Meine Meinung zu öffentlichen Bewertungen:
Wohlwollende und lobende Worte immer anbringen sei es öffentlich oder direkt den Beteiligten, weil viele in der Gastronomie arbeitende Feen und Engel sind auch genau wegen diesen Freuden in diesen sehr fordernden Berufen am Arbeiten. Schlechte Kritik bei den betroffenen Dienstleistern anbringen und sich dabei vergewissern ob diese auch die richtigen Mitarbeiter mit den richtigen Kompetenzen adressiert werden.
Wer Kritik veröffentlicht sollte selbst nicht nur kritikfähig sein, er sollte meines Erachtens auch die Branche kennen und es besser machen können.
Zur Geschichte des Restaurants mille sens
Im 2003 durfte ich das Restaurant mille sens in der Markthalle eröffnen. Es gab zu dieser Zeit kein 15punkte Restaurant in einem solchen offenen Industrie- Hallen- Markthallen Ambiente in der Schweiz.
Wahrscheinlich waren wir damals ein paar Jahre zu früh. Wir wurden immer wieder kritisiert das wir eine so grossartige Küche machen aber das Restaurant nicht dazu passen würde in diesem industriellen Gebäude. Von Bewertern wurden wir manchmal verschmäht und ein wenig vorgeführt.
Trotzdem gingen wir konsequent unseren Weg.
Dabei und das war eine unserer Bestätigungen:
Viele unserer Ideen fanden auch bei unseren Mitbewerbern gefallen und wurden auch kopiert und wir wurden gut frequentiert.
Ja, kopieren ist an und für sich nicht schlimm solange es nicht als eigene Idee verkauft wird, schliesslich braucht es für jede Idee auch einen Input.
Wann ist ein Gericht überhaupt eine Kopie? die Gerichte sind eine ständige Weiterentwicklung und manchmal kommen dann wieder «alte Gerichte» neu interpretiert in grosse Mode.
Mit Domingo und von allen liebevoll mit Dodo angesprochen, konnten wir ab 2006 zusammen neue Standards setzen. Eine unserer gemeinsamen Erfindungen waren das sogenannte «quick Tray» welches immer noch rege nachgefragt wird und welches Domingo damals aus der Idee Bento box aus Japan und ich aus der Airline Verpflegung zusammengesetzt haben. Das Ziel war damals auf hohem Qualitätsniveau möglichst schnell unsere Kunden am Mittag servieren zu können. Weitere Meilensteine waren auch die «bring Your own» oder in Australien «BYO» genannte Vinothek – und begehbare Weinkarte oder die «raw Bar» etc.
Homage à Domingo
Jetzt und heute ist es Zeit und ich will eine Lanze brechen für dich Domingo s. Domingo und deine Crew im Restaurant mille sens. Seit vielen Jahren und jeden Tag das Beste zu geben für eine zufriedene Kundschaft ist wie ein doppelter Marathon zu laufen.
Viele ehemalige Köche und Sous Chefs sind heute grosse Namen in der regionalen und überregionalen Koch Szene.
Obschon die Wirtschaftlichkeit und Pionierarbeit vielfach Zuwenig honoriert wird. Jetzt hat der Rest. mille sens mit Dir Domingo eine richtig fette Bewertung bekommen man kann davon halten was man will – die Bewertung von TripAdvisor für das 4. beste Restaurant der Schweiz (Publikums Meinung) ist so oder so zum Feiern.
Domingo du bist und bleibst für mich der beste und effizienteste Freestyle Koch mit dem ich je zusammengearbeitet habe und ein grossartiger herzensguter Mensch!
Ich gratuliere Dir und dem Team zu der Auszeichnung – voller Stolz!
Hier ein Link zu einem relevanten Tamedia Artikel:
Restaurants kämpfen mit schlechten Online-Bewertungen
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Adrian Junker (Samstag, 07 September 2019 12:20)
TOP! Gut geschrieben und vor allem wahr.
Gratuliere��